Simon Tam: „Nur kaufen, was Trinkvergnügen bereitet!“
Bevor der internationale Experte für Weinauktionen und Fine Wine als Speaker im Rahmen von Arlberg Weinberg nach Lech kommt, verrät er, worauf es bei Weinversteigerungen ankommt, warum man immer seinem Geschmack vertrauen sollte und welcher Wein für ihn Legendenstatus hat.
Simon Tam ist einer der gefragtesten Weinexperten für den asiatischen Raum. Als Speaker kommt er im Dezember erstmals nach Lech, um im Rahmen von Arlberg Weinberg am 12. Dezember gemeinsam mit einem hochkarätig besetzten Podium zum Thema „International Fine Wine“ zu diskutieren.
„Ich freue mich schon sehr auf Arlberg Weinberg (Was für ein cleverer, einprägsamer Name!). Ich hoffe, einige alte Freund:innen zu treffen und gleichzeitig neue zu gewinnen. Immer, wenn die Weinbranche zusammentrifft, lernt man soviel aus dem Austausch mit anderen Expert:innen“, teilt Simon Tam seine Vorfreude. Wine+Partners hat ihn vorab zum Interview gebeten.
Champagner und Bordeaux
„Schon als kleines Kind habe ich im Restaurant meiner Eltern mitgearbeitet“, erzählt Simon Tam, dessen Familie in den 1970er-Jahren in die südaustralische Metropole Adelaide ausgewandert ist. Zunächst durfte er nur Karotten schälen und den Fisch vorbereiten. Als er alt genug war, wechselte Tam ins Service, wo er erstmals mit Wein in Berührung kam. „Meine Familie hatte kein Weinwissen. Wir orientierten uns einfach an den Preisen – und verkauften daher vor allem guten Champagner und Bordeaux Premier Crus“, lacht er. Schließlich folgte er dann seinem „besten Highschool-Freund Tim“ aufs Wein-College. Sein Weg in die Weinbranche war besiegelt.
Hemmschwellen abbauen!
„In meiner 37-jährigen Laufbahn gibt es nur sehr wenig, was ich nicht getan habe“, sagt Simon Tam. Eines der Highlights seiner Karriere war zweifellos seine Zeit als Leiter der Weinabteilung für das Auktionshaus Christie's in Asien (mehr dazu in: Zur Person). Mehr als zehn Jahre lang war er in dieser Funktion tätig.
„Auktionshäuser können ziemlich einschüchternd sein, und der Prozess des Bietens ist eher entmutigend“, weiß Simon Tam. Nach seiner Zeit bei Christie's gründete er daher sein eigenes Unternehmen namens AEOS Auctions mit dem Ziel, außergewöhnliche Weine und und Weinauktionen einem breiteren Publikum einfacher zugänglich machen.
„Ich wollte den Auktions-Prozess freundlich und angenehm gestalten - nicht einschüchternd.“
Simon bietet Wein-Liebhaber:innen und -sammler:innen ein niederschwelliges Angebot. Gleichzeitig sieht er aber auch eine dynamische Entwicklung auf der Käufer:innen-Seite. Mehr Erfahrung und mehr Bewusstsein führt zu kritischeren Kunden – und das ist gut so! „Die Menschen haben gelernt, dass die meisten Weine, die auf einer Auktion angeboten werden, gar nicht so selten sind, wie sie behaupten.“ Daher sei es häufig gar nicht notwendig, „bis zum Maximum zu bieten“. Zudem hätten sich nach seinen Beobachtungen die Preise für einige „Trophäenweine“ stabilisiert, in manchen Fällen seien sie sogar leicht rückgängig.
Was ist Fine Wine?
Noch bevor Simon Tam diese Frage in Lech gemeinsam mit Branchen-Kolleg:innen in einem internationalen Kontext diskutieren wird, hat er eine ganz persönliche Antwort darauf:
„Ein Fine Wine ist für mich ein Wein, der unvergleichlichen Trinkgenuss bietet. Das muss sich nicht zwingend in einem hohen Preis oder in Auktionsrekorden widerspiegeln.“
Freilich handelt es ich bei „Fine Wine“ meistens um legendäre Weine. „Ich bin ein großer, großer Fan von Madeira. Amüsant finde ich ja, dass die Stilistik, wie wir sie heute kennen, eigentlich durch einen ,Unfall‘ im 15. Jahrhundert entstand. Seither wird der Effekt dieser historischen Schiffsreise in der Vinifikation nachgeahmt. Bei raren Weinen gilt: Eine Flasche, die wir öffnen, ist eine weniger auf der Welt. Bei sehr, sehr altem Madeira trifft das in besonderem Maße zu. Deswegen gehen wir mit diesen Weinen extrem respektvoll um.“
How to Weinauktion
Für alle, die beginnen, sich eine Weinsammlung aufzubauen und dabei mit dem Gedanken spielen, bei Weinauktionen einzukaufen, hat Simon Tam fünf Tipps:
Sie sollten unbedingt wissen, was Ihnen schmeckt. Zwar wird sich Ihr Geschmack mit der Zeit ändern, aber kaufen Sie trotzdem nur Weine, die Ihnen Trinkvergnügen bereiten.
Probieren und verkosten Sie weiter und immer weiter. Hören Sie nie damit auf, und beobachten Sie dabei die Entwicklung Ihrer eigenen Vorlieben.
Seien Sie offen und machen Sie Ihre Hausaufgaben. Die Welt des Weins ist unglaublich groß. Sie werden daher auch oft Weine finden, die Ihnen gefallen, obwohl sie nicht „berühmt“ sind. Und dann ist das ein tolles Schnäppchen!
Seien Sie diszipliniert, denn es ist sehr leicht, sich im Bieterwahn zu verfangen. Bieten Sie nur auf das, was Sie wirklich wollen, und hier gehen Sie zum Höchstpreis für jedes Los. Die meisten anderen Weine werden ohnehin in zukünftigen Auktionen wieder erscheinen.
Bewahren Sie alle Quittungen und Kaufbelege auf, einschließlich der Auktionskataloge und aller dazugehörigen Unterlagen. Bei wertvollen Weinen ist die Provenienz ein extrem wichtiger Faktor. Die Unterlagen werden von unschätzbarem Wert sein, wenn Sie Weine bei zukünftigen Auktionen einbringen möchten.
Zur Person
Simon Tam wuchs als Kind chinesischer Migranten in Australien auf. Im Restaurant seiner Eltern arbeitete er schon früh mit und kam dabei erstmals mit Fine Wines in Berührung. Nach seinem Studium am Wine-College arbeitete Tam als Weinberater für Südaustraliens Regierung, und war – wie er selbst sagt – „ein paar Jahre als Weinbauer tätig“. Dann übersiedelte er nach Hongkong, wo er in den frühen 1990er-Jahren die erste Weinschule der Megacity eröffnete.
Die Nachfrage nach Weinexpert:innen wuchs, und viele weinproduzierende Länder entdeckten das große Potenzial des chinesischen Markts. Simon Tam nahm damals eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen den Welten ein: „Ich arbeitete eng mit den Schweizer, portugiesischen, neuseeländischen, italienischen und französischen Weinbauverbänden zusammen, um den Absatz ihrer Weine im chinesischen Raum zu fördern“. Tam reiste um die ganze Welt, verkostete und bewertete Weine.
„Das war eine großartige Schule und ich lernte die erstaunlichsten Weinfachleute aus aller Welt kennen.“
Nach rund zehn Jahren wurde Simon Tam zum Leiter der Weinabteilung des renommierten und weltweit tätigen Auktionshauses Christie's ernannt, zunächst für China und dann für den gesamten asiatischen Raum. Es macht ihn besonders stolz, dass er „der erste Chinese in der 250-jährigen Geschichte des Unternehmens war, der die Weinabteilung leitete.“
Zehn weitere Jahre später gründete Tam mit AEOS Auctions sein eigenes Auktionshaus für Fine Wine, um Weinauktionen einfacher zugänglich zu machen. „Vor einem Jahr habe ich außerdem ein neues Projekt gestartet: Flavour Colours – ein revolutionäres und umfassendes Tool für das Pairing von Weinen und Speisen“.