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Wein Nachhaltigkeit

Skandinavien gibt das Tempo vor

von Dorli Muhr
Fruga Designs

In Schweden, Norwegen und Finnland, aber auch in Island und auf den Färöern ist der Verkauf von alkoholischen Getränken jeweils einem staatlichen Unternehmen vorbehalten. Systembolaget (S),Vinmonopolet (N) und Alko (SF) zählen damit für Weinproduzent:innen auf der ganzen Welt nicht nur zu den begehrtesten Kunden, sondern sie haben durch ihre Marktbedeutung auch eine große Durchsetzungskraft in der Branche. 

Angesichts ihrer Verantwortung, die auf ihrem großem Anteil am Weltmarkt beruht, haben die skandinavischen Alkohol-Monopole gemeinsam beschlossen, die CO2-Emissionen in ihrem Bereich bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren. Daraus sind Vorgaben und Entscheidungen entstanden, die sehr rasch zu Veränderungen in der gesamten Weinbranche führen werden. 

Große Herausforderungen für Winzer:innen

Wer zukünftig seine Weine in skandinavischen Ländern verkaufen möchte, wird nicht nur für eine ökologische Zertifizierung sorgen, sondern auch die Einhaltung sozialer Richtlinien garantieren müssen.  

Die größte Herausforderung aber ist die Verpackung! Wie auch kürzlich im Rahmen der Meiningers Conference in Düsseldorf aufgezeigt, stammen rund 80% des CO2 Fußabdrucks von Wein von der Flasche.  

Die Bemühungen von Produzent:innen, im Weinberg und im Keller biologisch zu arbeiten und Emissionen zu verringern, werden geradezu irrelevant, wenn sie ihre Weine anschliessend in schwere Glasflaschen füllen, die unter hohem Energieaufwand hergestellt werden. Oftmals findet die Produktion der Flaschen auf einem anderen Kontinent statt, sie werden aufwändig transportiert, am Weingut befüllt und eventuell in einen dritten Kontinent zum Verkauf transportiert. Die Belastung für die Umwelt ist enorm.  

Bei verschiedenen Produkten hat sich Bag-in-the-Box auch hierzulande schon etabliert - etwa beim hochwertigen Essig aus der Manufaktur von Alois Gölles.

Nicht zufällig ist in den skandinavischen Ländern das Bag-in-the-Box System schon über viele Jahrzehnte extrem erfolgreich. Und der neueste Trend für umweltbewusste Produzent:innen sind Aludosen, die besonderes leicht sind und einfach zu recyceln.  

Aufsehen erregt die junge Weinlinie Djuce. Es ist eine kurartierte Serie von vornehmlich Natural Wines, die in Dosen abgefüllt und sehr hipp designt und vermarktet werden. Auch aus Österreich stammen einige der Weine. Der coole Zweigelt von Gernot und Heike Heinrich ist so beliebt, dass er schon wieder ausverkauft ist.

Selbst wer heute nicht nach Skandinavien exportiert, wird sich über kurz oder lang mit den neuen Vorgaben auseinandersetzen müssen, da große Unternehmen weltweit ihre nachhaltige Arbeit deklarieren müssen - und die einfachste Lösung ist, den Lieferanten strengere Anforderungen vorzuschreiben. 

Weinproduzent:innen sollten also spätestens jetzt ihre Produktionsmethoden, Verpackungen und Lieferketten überdenken. Mit großer Wahrscheinlichkeit bedeutet das zusätzliche Investitionen, die gerade bei kleineren Betrieben eine riesige Belastung darstellen können. 

Innovative Ideen

An Lösungen für das Flaschenproblem wird auf vielen Ebenen gearbeitet und geforscht. Neben den bereits erwähnten Bag-In-Box-Systemen und dem noch recht jungen Hype der Aludosen werden immer häufiger komplett neue Ideen vorgestellt. Beeindruckend ist etwa das Konzept Frugal Bottle. Es ist eine Art Bag-in- the-Bottle. Hierfür wird ein lebensmittelechter recycelbarer Innenbeutel mit einer Flaschenform umfasst, die aus Karton besteht. Die Erfinder von Frugal Bottle verkaufen aber nicht den Karton - sondern die Maschine. Denn der Papierkarton wird aus Altpapier hergestellt und kann direkt vor Ort produziert und rundum bedruckt werden. Damit entfällt der aufwändige, teure und umweltbelastende Transport von Leergut. 

Bag in Box

Freilich ist der Kunststoffbeutel im Inneren von Frugal Bottle nicht für eine dauerhafte Lagerung gemacht. Eine Regal-Verweildauer von wenigen Wochen wird empfohlen. Das ist für viele Weine, die zu günstigen Preisen und mit rascher Drehung im LEH angeboten werden, eine sinnvolle Lösung.  

Für Weine, die mehrere Jahre oder Jahrzehnte reifen sollen, bevor sie serviert werden, sind die Lösungen noch offen. Allerdings machen die sogenannten Fine Wines ohnehin nur einen sehr, sehr kleinen Marktanteil aus. 

Dorli Muhr
Eigentümerin & Geschäftsführerin

Dorli, diplomierte Übersetzerin, gründete Wine+Partners im Jahr 1991, noch während ihres Studiums. Leidenschaftlich und mit großer Ausdauer steht sie seit mehr als 30 Jahren an der Spitze des Unternehmens und führte es von einer One-Woman-Show zu einer international agierenden Agentur.