Ein optimistisches Lebenszeichen mitten in der allgemeinen Trübnis – das ist das Bild, das der neue Guide Gault&Millau von der österreichischen Restaurantszene zeichnet. Die Krisen reißen nicht ab, doch Kreativität und Einfallsreichtum blühen und machen gerade in diesen schwierigen Zeiten das Essengehen für genussfreudige Gäste zum wahren Vergnügen.
Denn leicht haben es die Gastronomen derzeit nicht. Auf die Corona-Pandemie folgte die Energiekrise samt Rekordinflation, dazu kommt ein fast schon dramatischer Mangel an Mitarbeiter:innen. Und dennoch: Der Guide Gault&Millau 2023 weist nicht weniger als 762 Haubenrestaurants aus, die in Summe 1.486 Hauben tragen. Das ist neuer Rekord, so viele waren es noch nie. Die Aufsteiger finden sich quer über das gesamte Spektrum: 45 Betriebe kamen erstmals zu Hauben-Ehren, 36 wurden um ein, zwei oder sogar drei Punkten aufgewertet. An der Spitze schließlich konnte sich ein neues Fünf-Hauben-Restaurant etablieren und die Riege der ganz Großen von fünf auf sechs erweitern.
Bewundernswerte Leidenschaft
Der gemeinsame Nenner, der die Aufsteiger sowie etablierten Könner verbindet, ist die Leidenschaft für Genuss und exzellente Gastronomie. Die Held:innen dieser Erfolgsgeschichte finden sich in allen Bundesländern, denn überall nahm die Zahl der Haubenlokale zu. Der neue Guide wird damit auch zu einem Beweis für die Vielfalt der österreichischen Gastronomie, denn die Küchenstile könnten kaum unterschiedlicher sein. Gault&Millau-Herausgeberin Martina Hohenlohe zollt der Widerstandskraft der heimischen Gastronomie höchste Anerkennung: „Heuer haben wir elf Betriebe mit 18.5 Punkten ausgezeichnet. Das ist in Anbetracht der angespannten Situation insgesamt eine Meisterleistung der heimischen Restaurantszene.“
Kulinarische Trends
Doch welche neuen Wege schlägt die Gastronomie ein? Welche neuen Entwicklungen hat das professionelle Tester:innen-Team des Gault&Millau aufgespürt?
Ein unübersehbarer Trend geht in Richtung Neo-Klassik. Showeffekte wie Rauch und flüssiger Stickstoff verlieren an Bedeutung, dafür entdecken immer mehr Köch:innen alte Techniken wie Ballotines oder Pasteten neu. Der wichtigste Trend aber ist ein langfristiger: Regionalität, Nachhaltigkeit und Bio-Produkte werden immer mehr zum Standard. Das ist umso wichtiger, als vor allem in der Spitzengastronomie die Verwendung von Fleisch deutlich abnimmt. Immer öfter widmen gerade die Top-Stars der Küche ihre ganze Kreativität dem Umgang mit Fisch und Gemüse.
Tirol lässt aufhorchen
Das alpine Bundesland liegt hinter Wien an Stelle zwei der Bundesländer mit den meisten Hauben insgesamt – es sind 115 Betriebe.
In Tirol, konkret im Restaurant Stüva in Ischgl, werkt auch der jüngste unter den 5- Hauben-Köchen. Benjamin Parth steht ab sofort in einer Reihe mit den bewährten 5- Hauben-Stars Konstantin Filippou (Wien), Silvio Nickol (Wien), Heinz Reitbauer (Steirereck, Wien), Martin Klein (Ikarus, Salzburg) und Karl und Rudolf Obauer (Werfen, Salzburg). Darüber hinaus weist Tirol so viele Aufsteiger auf wie kein anderes Bundesland. Gleich 10 Lokale errangen heuer mehr Punkte als im Jahr davor. Das Köhle in Serfaus, der Berghof Crystal in Hintertux und das Alpin Resort Sacher Seefeld-Tirol konnten sogar jeweils um zwei Punkte zulegen.
Tirol führt auch mit 13 Vier-Hauben-Betrieben die Rangliste der Vierhauber an. Zwei Lokale in diesem Bundesland haben heuer die längst fällige vierte Haube errungen: das Gründler Gourmetstüberl, wo Armin und Alexander Gründler zu Werke gehen sowie Sigwarts Tiroler Weinstuben mit der begnadeten Köchin Traudl Sigwart. Sie ist damit die einzige Vier-Hauben-Köchin Österreichs.