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Kulinarik Wein

Von alten Werten und neuen Absatzwegen

von Dorli Muhr

Die Schließung der Gastronomie als wichtigster Absatzpartner ist ein harter Schlag für die Winzer und durch nichts zu ersetzen. Dennoch bleiben die STK Winzer gelassen, denn Krisen haben sie schon viele überstanden. In Zeiten von Corona halten sie ganz besonders an ihren Werten fest und beobachten gleichzeitig eine neue Art des Weineinkaufs.

Neumeister feeling für Zuhause Ein Besuch bei den Neumeisters im wunderschönen Straden ist ein Genuss-Erlebnis. Mit Restaurant, Hotel und Ab Hof-Verkauf ist das Weingut Neumeister in Straden darauf spezialisiert, den Gästen vor Ort persönlich Wein zu servieren bzw. in den Kofferraum zu laden. Auch wenn das Anwesen zurzeit seine Tore für Gäste geschlossen hat – auf das Neumeister-feeling wollen die Stammkunden trotzdem nicht verzichten und bestellen die Weine verstärkt online. „In der Krise kristallisiert sich klar heraus, dass wir auf unsere Stammkunden bauen können. Sie sind in den letzten 40 Jahren mit uns mit gewachsen und quasi Teil der Neumeister-Familie“, erzählt Christoph Neumeister sichtlich dankbar. Die Neumeister-Stammkunden sind es gewohnt, den Online Shop zu nutzen, den das Weingut schon seit 25 Jahren betreibt. Eine lange Lernphase, die jetzt ihre Früchte trägt - der Paketversand hat sich enorm gesteigert und kompensiert zurzeit tatsächlich den Ab Hof-Verkauf.

DIY Weinverkostungen Eigentlich würde Christoph Polz nun allerorts die Gebietsweine aus dem Jahrgang 2019 präsentieren, die seit März auf dem Markt sind. Da dies zurzeit nicht möglich ist, bietet der Winzer als Alternative erstmals ein Probierpaket mit sechs unterschiedlichen Gebietsweinen aus dem Jahrgang 2019 im Online Shop an. „Und siehe da – die Kunden ordern das Probierpaket und zwei Wochen später erhalten wir die Bestellung von zwölf Flaschen ihres Lieblingsweines aus diesem Paket“, schwärmt Christoph Polz darüber, wie eigenständig sich Kunden die Polz-Weine erarbeiten. Auch er ist dankbar über die Zuverlässigkeit der Stammkunden, die sogar mehr als erwartet online bestellen. Kleine Glücksmomente am Rande: „Ich freue mich riesig, wenn ich Daten von Neukunden anlegen kann“, gesteht der Winzer lächelnd. Denn tatsächlich hat sich ein Schwung Erstkäufer unter die Bestellungen der Stammkunden gemischt. Es sind wohl Genießer, die auch zuhause auf ihren Lieblingswein, den sie üblicherweise im Restaurant bestellen würden, nicht verzichten wollen.

Beständigkeit ist Trumpf Walter Frauwallner setzt auf den persönlichen Kontakt zu seinen Kunden – schon immer. Der Hofladen des Weingutes in Karbach, nahe des pittoresken Touristenstädtchens Straden, ist der Dreh- und Angelpunkt seines Weinabsatzes. Nach anfänglicher Schockstarre und Ratlosigkeit, fand der geerdete Winzer, der bewusst keinen Online Shop führt, schnell wieder zu seiner inneren Überzeugung: „Wein ist Emotion – darum wollen wir jede Bestellung, ob telefonisch, per Email oder persönlich im Hofladen, selbst betreuen und so unsere Philosophie und unsere Werte vermitteln“, erläutert der Winzer seine strikte Haltung. Auch er kann in der Krise auf seine Stammkunden bauen, die er nicht über einen Online Shop betreuen möchte. „Die ganze Region profitiert davon, wenn die Menschen für ihren Weineinkauf wieder ins Gebiet kommen“, so der Winzer und führt weiter aus: „Wir machen Weine, die kein Ablaufdatum haben. Da braucht man wegen einer Krise nicht gleich alles in Frage zu stellen, sondern wartet ab“.

In der Ruhe liegt die Kraft Als erfahrener Winzer hat Erwin Sabathi schon viele Krisen erlebt (und erinnert sich dabei unter anderem an den verheerenden Frost 2016), aus denen er gestärkt hervorgegangen ist. Der Winzer bewahrt Ruhe und hat sich dazu entschieden, das Beste aus dem zu machen, was nicht zu ändern ist. Und das Beste neben Winzer zu sein, ist für ihn Schäfer zu sein. „Gestern haben wir die Schafe umgekoppelt. Das ist schöner, als in den Urlaub zu fahren“, schwärmt der Winzer von der geliebten Tätigkeit, die er endlich selbst durchführen kann, anstatt sie an Mitarbeiter zu delegieren. Er ist der Ansicht, dass das immer hektischere Treiben die Menschen - und die Winzer sind davon nicht ausgenommen - immer weiter weggeführt hat von der Natur und althergebrachtem Wissen. So wurde traditionell stets mit Schafen in den steilen steirischen Weinhängen gearbeitet. Heute beweidet Erwin Sabathi die Steillagen am Pössnitzberg wieder mit Schafen, die schonend mähen und düngen zugleich, und damit den Einsatz von schweren Maschinen unnötig machen. „Ich wünsche mir, dass uns diese Krise vom substanzlosen Marketing weg- und wieder näher an die Natur heranführt. Dann werden die Weine für sich selbst sprechen“, philosophiert der Winzer.

Über STK Seit 1993 gibt es die Vereinigung STK, die damals von den Pionieren der Steiermark gegründet wurde. Heute ist es in den meisten Weingüter schon die zweite Generation, die danach strebt, das Terroir und die klimatischen Besonderheiten herauszuarbeiten und gemeinsam eine Wein-Sprache zu definieren, die der Eigenart der Steiermark Ausdruck und Gehör verschafft. Einer der wichtigsten Schritte im Laufe dieser gemeinsamen Arbeit war die Lagenklassifikation, die bereits vor zehn Jahren umgesetzt wurde. Damit gingen auch einheitliche Herkunfts- und Qualitätsbestimmungen einher. Mit dem Jahrgang 2018 trat schließlich die DAC-Regelung für die Steiermark in Kraft, an der die zwölf STK Weingüter (Gross, Frauwallner, Lackner-Tinnacher, Neumeister, Maitz, Polz, E. Sabathi, H. Sabathi, Sattlerhof, Tement, Winkler-Hermaden und Wohlmuth) federführend mitgearbeitet haben, um ihre Erfahrungen und Erfolge der gesamten steirischen Weinbauernschaft zugänglich zu machen. Weitere Informationen zu den Steirischen Terroir- und Klassikweingütern finden Sie unter: www.stk-wein.at

Über die Steirischen Traditionsweingüter

Vor zehn Jahren begannen die Steirischen Terroir- und Klassikweingüter (STK) mit der Klassifizierung ihrer Weinlagen. Innerhalb eines Jahrzehntes haben die zwölf Weingüter (Gross, Frauwallner, Lackner-Tinnacher, Neumeister, Maitz, Polz, E. Sabathi, H. Sabathi, Sattlerhof, Tement, Winkler-Hermaden und Wohlmuth) mit strengen Herkunfts- und Qualitätsbestimmungen eine massive Veränderung im Selbstverständnis des steirischen Weines bewirkt.

Steirische Terroir- und Klassikweingüter
Ratsch 45, A-8461 Ratsch a.d. Weinstrasse

Steirische Terroir- und Klassikweingüter

STK Gruppenfoto
Dorli Muhr
Eigentümerin & Geschäftsführerin

Dorli, diplomierte Übersetzerin, gründete Wine+Partners im Jahr 1991, noch während ihres Studiums. Leidenschaftlich und mit großer Ausdauer steht sie seit mehr als 30 Jahren an der Spitze des Unternehmens und führte es von einer One-Woman-Show zu einer international agierenden Agentur.

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